„Oma, erzähl mal, wie hast DU früher gewohnt?“ – Nele Zisler nimmt mit Oral-History Projekt am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten teil
„Mehr als ein Dach über dem Kopf – Wohnen hat Geschichte“: so lautete das diesjährige Thema des renommierten Geschichtswettbewerbes des Bundespräsidenten. Die Erkenntnis, dass die Wohnsituation von Menschen nicht lediglich etwas über ihren persönlichen Geschmack aussagt, sondern eine hervorragende Quelle für soziale Normen, gesellschaftliche Veränderungen und die Folgen politischer Ereignisse sein kann, war dabei zentraler Ausgangspunkt für ein Projekt der ILV-10 Gruppe (Individuelle Lernzeitverkürzung), die in ihrem Profilfach Geschichte von OStRin Silvia Kern betreut wurde.
Migration und Lebensveränderung
Da das im Lehrplan vorgesehene Thema „Migration in Bayern“ explizit die regionale Verankerung geschichtlicher Entwicklungen, Methodenschulung durch Quellenauswertung sowie die Arbeit mit biografischen Beispielen vorsieht, entschlossen sich die Schülerinnen und Schüler zusammen mit ihrer Modulleiterin zu einem größer angelegten Projekt. In diesem erforschten sie selbständig die persönliche Familiengeschichte und untersuchten diese auf Beispiele von Migration, sowie die Motivation und Folgen derselben auf die Wohn- und Lebenssituation ihrer Vorfahren.
Eine ganz persönliche Reise in die Geschichte
Dabei recherchierte die ILV-Gruppe nicht nur alte Familienfotos, Postkarten, Stammbäume, Todesanzeigen und Briefe, sondern führte auch Interviews mit Familienangehörigen. Die Schülerin Nele Zisler stieß bei den Gesprächen mit ihrer Großmutter dabei auf so viele interessante Informationen, dass sie sich dafür entschied, eine Familienchronik zu verfassen, die das Format eines Tagebuchs hat. Dieses Buch umfasste letztlich acht Kapitel und führt den Leser auf eine spannende Reise durch mehrere Länder und Jahrhunderte.
Von Ungarn bis in den Bayerischen Wald
Der Streifzug beginnt auf einem ungarischen Gut der Fürsten von Thurn und Taxis und setzt sich, bedingt durch verschiedene Posten von Neles Vorfahren im damals wichtigen Glassektor, in Zwiesel, Köln, Heidelberg und sogar Amerika fort. Dabei zeigt sich, wie der berufliche Werdegang auch die gesellschaftliche Stellung und so auch das Wohnen der Familie beeinflusste. Doch auch die Politik spielt eine Rolle: die weiteren Umzüge in die Niederlande, Norwegen und zurück nach Zwiesel bzw. in die Flüchtlingsunterkunft Schloss Ludwigsthal waren politisch bzw. militärisch durch den Zweiten Weltkrieg motiviert.
Ehrung durch den Bundespräsidenten
Aufgrund dieser Bandbreite an Erkenntnissen entschloss Nele sich, ihre Arbeit beim bundesweiten Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten einzureichen und wurde für ihr Engagement mit einer Urkunde sowie einem Sachpreis in Form eines Büchergutscheins belohnt. Doch dies ist nicht alles, wie Nele selbst zugesteht: All die Informationen auszuwerten und zu strukturieren stellte zwar zunächst durchaus eine Herausforderung dar. Allerdings hat sich die Mühe gelohnt, indem sie so vieles über die Familiengeschichte herausgefunden hat, auf das sie vermutlich sonst nicht gestoßen wäre. Und nicht zuletzt waren es die gemeinsamen Stunden mit der Oma, der erzählenden Zeitzeugin, die all die Mühe wert waren.
(Silvia Kern)