„In den Augen des DDR-Regimes war ich ein verurteilter Verbrecher“ –
Zeitzeuge berührt Schüler mit DDR-Erfahrungen
Was bedeutet es, in einem Staat zu leben, der sich in die Entscheidungen des Einzelnen einmischt, unliebsame Meinungen bestraft und selbst ganz private Lebensbereiche kontrolliert? Der DDR-Zeitzeuge Bernd Dämmrich vermittelte bei seinem Vortrag am Gymnasium Zwiesel auf eindrucksvolle Weise, was es heißt, unter einer Diktatur aufzuwachsen. Seine Erlebnisse ermöglichen den Schülerinnen und Schülern 11. Klassen einen sehr persönlichen Zugang zur Realität des Lebens in der DDR.
Persönliche Erfahrungen mit der Diktatur
Bereits in jungen Jahren erlebte Dämmrich, wie sehr das Leben in der DDR von der politischen Gesinnung abhängig und geprägt war. Familienbesuche in den Westen wurden nicht genehmigt, der Besuch der Oberschule verweigert, der in der BRD lebende Vater als Vorwand für die Verweigerung für den Armeeeintritt genutzt. Als „Vormilitärische Übungen“ als Pflichtfach in der Grundschule seiner Kinder eingeführt wurden, entschloss sich Bernd Dämmrich, der DDR den Rücken zu kehren.
Gemeinsam mit seiner Frau und seinen Kindern versuchte er 1977, die DDR über Polen zu verlassen, um sich im Westen ein neues Leben aufzubauen.
Gescheiterte Flucht
Doch bereits kurz nach der Einreise nach Polen flog der Fluchtversuch auf und die Familie wurde noch am Flughafen verhaftet. In Warschau kam das Ehepaar Dämmrich zunächst in eine dreimonatige Haft, bevor es an die DDR-Behörden und letztlich ins Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen überstellt wurde.
Während dieser Zeit waren die beiden Kinder, 4 und 7 Jahre alt, getrennt in staatlichen Kinderheimen für Schwererziehbare untergebracht, bevor sie schließlich bei den Großeltern wohnen durften. Nach rund zwei Jahren Gefängnis hatte das Ehepaar Dämmrich jedoch Glück im Unglück, und sie wurden von der BRD als politische Häftlinge freigekauft. Doch auch diese Episode verlief nicht reibungslos. Weitere fünf bange Monate waren die Dämmrichs von ihren Kindern getrennt, bevor diese ebenfalls nachkommen durften. Seit 1979 lebt die Familie Dämmrich im niederbayerischen Passau.
Freiheit ist keine Selbstverständlichkeit
Noch immer reist Bernd Dämmrich als Zeitzeuge umher, und besucht auch regelmäßig Schulen. Ihm ist es ein großes Anliegen, jungen Menschen bewusst zu machen, wie wertvoll Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit sind – und dass diese Errungenschaften nicht selbstverständlich sind.
„Freiheit ist ein hohes Gut“, sagt Dämmrich zum Abschluss seiner Vorträge. Gerade wenn populistische oder antidemokratische Stimmen wieder lauter werden, gilt es besonders, sich dies bewusst zu machen. „Denn Freiheit ist kein Selbstverständnis.“
(Silvia Kern)